„Lux Partum“ (lat. „Lichtemission“) war eine interaktive Lichtkunstinstallation inkl. Live-Stream vom 8. bis 17. Mai 2020, die im Veranstaltungsraum Motorwerk in Berlin von dem Licht- und Showdesigner Chris Moylan und seinem Team inszeniert wurde – darunter waren Lars Murasch, Andreas Schindler und Matthias Schöffmann sowie DJ und Musikproduzent Paul van Dyk, der am ersten Wochenende einen speziellen Soundtrack komponierte und ein dreistündiges Live-Konzert spielte. Zum Einsatz kamen u.a. Robe MegaPointe und Tetra2 LED Moving-Bars.
(Bild: Chris Moylan)
Für die Installation wurden 54 × Moving-Lights von Robe verwendet, darunter MegaPointe, Pointe und TETRA2 LED Moving-Bars, die mit LED-Bildschirmelementen am Veranstaltungsort installiert wurden. Alle wurden so montiert, programmiert und eingerichtet, dass sie über die Website Lighting.Stream für die Öffentlichkeit im Livestream sichtbar sind und in Echtzeit mit ihnen “gespielt” werden kann.
Bis zum Ende des 10-tägigen Veranstaltungszeitraums hatten sich über 43.000 Besucher aus 94 Ländern in 6.355 registrierten Sitzungen mit dem Kunstwerk beschäftigt und dabei die maßgeschneiderte Technologie der Benutzeroberfläche von lighting.stream verwendet. Sie wählten über 200.000 verschiedene Kombinationen von Beleuchtung und Video aus, die in mehr als 528.404 Minuten aktiv angesehen wurden.
Die Besucher konnten die Farben und Muster der Beleuchtungs- und Videoeffekte auswählen und an bestimmten Punkten ändern, während die Musik dazu passend gespielt wurde. Paul van Dyk spielte dazu am ersten Sonntagabend ein dreistündiges Live-Set im Motorwerk, seine große Fangemeinde konnte sich auf den Stream einwählen und die Konzertvisualisierung selbst beeinflussen – jeder Besucher auf der Site bekam einen Drei-Minuten-Slot.
Entstehung von Lux Partum
Wie viele andere aus der Branche auch unterhielt Chris Moylan sich regelmäßig mit Freunden und Kollegen über die aktuelle Situation. Allen juckte es in den Fingern, wieder positive Energie zu erzeugen und das zu tun, was sie am meisten lieben – Shows zu entwerfen! Also überlegte man sich einen sinnvollen Weg, das wieder möglich zu machen.
Er kam auf die Idee, ein Kunstwerk mit Licht zu erschaffen, das von so vielen Menschen wie möglich aus der Ferne (und damit sicher) gemeinsam erlebt werden kann. Er versammelte sein Team, bestehend aus guten Freunden: Matthias ist in Österreich ansässig und arbeitet intensiv mit Chris an der Programmierung von Lichtshows. Er hat die Technik zum Web-Streaming entwickelt und zum Leben erweckt. Lars half bei der Organisation des Veranstaltungsortes über sein umfangreiches Netzwerk von Verbindungen. Er bat die Rentalfirma TLT Event, die Technik bereitzustellen – und lieferte auch einiges selbst, einschließlich der LED-Bildschirme und der Konsole. Der Videoexperte Andreas Schindler entwarf und produzierte alle generativen Visuals.
(Bild: Chris Moylan)
Veranstaltungsort und Technik
Der physische Ausgangspunkt der Umsetzung war, einen geeigneten Veranstaltungsort zu finden. Die ehemalige Maschinenfabrik und Industriefläche aus dem Jahr 1921 ist heute ein denkmalgeschütztes Gebäude, das renoviert wurde, aber den ursprünglichen Charakter und die rohe Eleganz bewahrt und es so zu einem charismatischen Veranstaltungsraum umgebaut wurde. Die Haupthalle erstreckt sich über 90 Meter, hat eine gute Höhe und ist voller Eisensäulen und RSJ-Balken. Chris nahm das markante Interieur des Motorwerks als Grundlage und entwickelte seine visuelle Idee daraufhin weiter. Er wollte die Größe und Architektur des Raums betonen und in das Design integrieren.
„Die Architektur bot sich für ein unverwechselbares geometrisches Lichtdesign an“, erklärte Chris, „und für die Verwendung von Scheinwerfern und LED-Bars als Beleuchtungsinstrumente.“ Er fügt hinzu, dass es auch relativ einfach gewesen sein, die Beleuchtung im Raum mithilfe des bestehenden Haus-Riggings sowie struktureller Elemente wie Balkonschienen und RSJs zu montieren. Er maß den Raum akribisch aus, damit die Scheinwerfer und LED-Bildschirme präzise positioniert werden konnten. Die Scheinwerfer wurden so platziert, dass die Beams eine Reihe geschlossener Sechsecke erzeugen konnten, die den ganzen Flur entlang liefen. Der Sinn dahinter war, die Perspektive für die Webcam-Position zu optimieren, von der aus die Livestream-Betrachter das Kunstwerk sehen und erleben konnten. Die Verwendung der hexagonalen Geometrie als Basis ermöglichte auch mehrere andere Formen und Muster in verschiedenen Kombinationen, die für das Gesamtbild wichtig waren.
Die Beleuchtungstechnik – einschließlich 20 × Pointe, 20 × MegaPointe und 14 × Tetra2-Bars – wurde von TLT Event geliefert und montiert. Zusätzliche Scheinwerfer wurden direkt von Robe geliefert. Die letzten beiden benötigten MegaPointe stammten vom Berliner Friedrichstadtpalast-Theater (derzeit geschlossen; Chris Moylan hat die aktuelle Show entworfen; einen Produktionsbericht der VIVID Grand Show gibt es bei PRODUCTION PARTNER).
Zwei auf dem Boden installierte Reihen von MegaPointe wurden von zwei Reihen in der Decke gespiegelt, die alle genau den gleichen Abstand voneinander hatten. Entlang des Mittelteils, direkt unter dem Balkon, der die gesamte Länge der Halle durchquert, befanden sich zwei Reihen von Pointe unmittelbar über-/untereinander … mit genau 4 Metern zwischen dem oberen und dem unteren MegaPointe und den Pointe.
Dieses Setup erzeugte die perfekten geometrischen Muster, die Chris sich vorgestellt hatte. Beide Scheinwerfer hat er bereits häufig in seiner Arbeit verwendet und mag sie aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Helligkeit und Vielseitigkeit: „Für eine relativ kleine Menge an Scheinwerfern in so einem großen Raum konnten wir hiermit einen massiven Impact generieren.“
Zwischen jeder der Säulen wurde eine Reihe von LED-PARs installiert. Es war das erstes Mal, dass Chris Robes neue Tetra2 LED-Bars verwendete – und er war überwältigt von ihrer Helligkeit und Intensität: „Sie sind richtige Monster!“, attestierte er „Wir konnten sie nicht in voller Intensität verwenden, da sie zu hell waren – also wurden sie optimiert.“ Sieben Tetra2 wurden vertikal auf jeder Seite im hinteren Teil des Raums positioniert, mit einer Säule aus 10-mm-LED-Bildschirm in der Mitte, um ein helles und dynamisches Finalmerkmal zu erzeugen. Das förderte die Illusion, den physischen Raum visuell zu verlängern. Besonders sichtbar war der Effekt auf dem Bildschirm.
Chris gefielen die „beeindruckenden“ Lichtwände, die mit den Tetra2 erzeugt werden konnten, und er nahm auch den Flower-Effekt in die Betrachterperspektive des Streams auf. „Es ist eine sehr coole Innovation, diese Art von Funktion auf einer linearen Bar zu haben.“ Die anderen Teile der LED-Bildschirme waren den ganzen Raum über an den Säulen befestigt.
(Bild: Chris Moylan)
Programmierung
Die Beleuchtung wurde komplett auf einer grandMA2-Konsole programmiert, die generativen Grafiken wurden von Andreas mithilfe von Notch erstellt, das über einen Medienserver ausgeführt wurde, der sie den Bildschirmen zuordnete und über Resolume abgespielt wurde. Bei der Vorbereitung visualisierten sie alle Video- und Lichteffekte auf den Bildschirmen in Depence2, sodass sie genau wussten, wie sie in Kombination aussehen würden.
Es wurde viel Zeit für die Sicherstellung verwendet, dass alle Beleuchtungs- und Videoelemente in jeder möglichen Kombination zusammen gut aussehen. Was sich nach einer einfachen Aufgabe anhörte, war in der Tat sehr komplex und erforderte ein Gleichgewicht zwischen Berechnung, Erfahrung und dem gegenseitigen Verständnis des Teams für die spezifischen Disziplinen des jeweils anderen.
Diejenigen, die sich auf der Website anmeldeten, um die Visuals zu „spielen“, konnten die Farb- und Form-/Winkelkombinationen der Cues ändern, die bei der nächsten musikalischen Änderung ausgeführt wurden, was sie zuvor in der Timeline kommen sehen konnten.
(Bild: Chris Moylan)
Paul van Dyk in das Projekt einzubeziehen war in vielerlei Hinsicht das i-Tüpfelchen: Chris arbeitet seit vielen Jahren als sein Lichtdesigner. Er schlug ihm die Idee vor – und wie alle Künstler, die derzeit nicht live auftreten können, war van Dyk sehr daran interessiert, sich damit auf etwas Fantasievolles und Ungewöhnliches einzulassen. „Wir hatten einige Vorgaben zu dem Musiktitel“, erklärte Chris. „Das wichtigste war, dass es viele Schichten sowie mehrere Höhen und Tiefen geben musste, um die (visuellen) Änderungsbefehle in der Software auszulösen … er hat das sofort verstanden und umgesetzt.“
Für Paul van Dyks Live-Set war Chris selbst vor Ort, um die Beleuchtungsänderungen zu aktivieren. Die Besucher auf der Website wählten die Farben und Positionen aus. Er gibt zu, dass er ein paar feine Korrekturen vornehmen musste, wenn es um Farbkombinationen geht: „Aber diese Zufälligkeit war alles Teil des Spaßes!“
Das gesamte Team und die Crew von TLT Event waren begeistert, wieder mal vor Ort sein und an einer Show teilnehmen zu können. „Man kann nicht glauben, wie aufgeregt wir alle waren, dort zu sein und zusammenzuarbeiten – natürlich alle mit Mindestabstand – und das wirklich am Veranstaltungsort! Wir sind alle so begeistert von dieser Branche und dem, was wir tun, und haben die Gelegenheit so sehr geschätzt wie nie zuvor.“
Lux Partum war ein großer Erfolg. Lighting.stream bietet eine Technologie mit viel Zukunftspotenzial, die Chris und sein Team nun voll und ganz ergründen wollen. „Dies war ein großartiges Projekt, aber es ist keineswegs ein Ersatz für das Erleben von Kunst und Shows in realen Räumen und in Bezug auf andere Menschen. Die Kultur muss weitergehen, und die Menschen brauchen auf jeden Fall haptische Erfahrungen in dreidimensionalen Umgebungen“, resümiert Chris Moylan.