„Die Menschen wollen sich endlich wieder begegnen“
Hamburg Messe und Congress mit schwächstem Geschäftsjahr in der Geschichte
von Redaktion,
Das Corona-Jahr 2020 – geplant als stärkstes der Unternehmensgeschichte – ist mit einem vorläufigen Jahresumsatz von 20,1 Millionen Euro und einem Ergebnis von minus 58,2 Millionen Euro zum schwächsten Geschäftsjahr in der Geschichte der Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC) geworden. Verschiebungen und Absagen haben ab März des vergangenen Jahres zu einem nahezu vollständigen Messe-Lockdown geführt. Insbesondere die Streichung der drei Hamburger Leitmessen Internorga, SMM und WindEnergy Hamburg als Präsenzmessen auf dem Gelände machten es unmöglich, das gesteckte Rekord-Umsatzziel von 111,2 Millionen Euro zu erreichen.
(Bild: Hamburg Messe und Congress / Michael Zapf)
„Eine der guten Nachrichten des abgelaufenen Geschäftsjahres ist: Branchen, Aussteller und Besucher warten sehnlichst darauf, dass es wieder Messen und Kongresse mit physischer Präsenz geben kann“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Bernd Aufderheide (61), beim Jahresauftaktgespräch der Hamburg Messe und Congress GmbH. „Die Menschen wollen sich wieder persönlich begegnen. Das hören wir in Videokonferenzen und Telefonaten immer wieder.“
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Nach einem starken Beginn, mit insgesamt 18 Eigen- und Gastveranstaltungen im Januar und Februar, lag die Hamburg Messe und Congress zunächst auf Kurs: Eigene Messen wie die Nortec, die home², die oohh! Die FreizeitenWelten der Hamburg Messe und die Premiere der Hamburg Open, eine Messe für Broadcast- und Medientechnik, sowie gut besuchte Gastveranstaltungen erfüllten oder übertrafen die Erwartungen. Zeitgleich hatte es Hamburg mit dem kleinsten Messegelände unter den sieben Bewerberstädten um die künftige Ausrichtung der internationalen Mobilitätsmesse IAA unter die Top 3 geschafft.
Doch schon die für den Zeitraum vom 13. bis 17. März 2020 geplante Internorga musste als erste HMC-Messe zunächst verschoben und dann abgesagt werden. Es folgten Absagen und Verschiebungen von insgesamt 21 Eigen- und Gastveranstaltungen, 28 CCH-Veranstaltungen sowie 26 Gemeinschaftsbeteiligungen deutscher Unternehmen auf Messen in aller Welt.
Der Umsatz der Eigenveranstaltungen reduzierte sich stark und sank gegenüber dem Plan um 71,2 Millionen Euro auf 8,3 Millionen Euro. Im Bereich der Gastveranstaltungen verringerte sich der Umsatz von geplanten 16,7 Millionen Euro um etwa die Hälfte auf 7,8 Millionen Euro, weil abgesagte Messen teilweise durch kurzfristige Neuakquisen kompensiert werden konnten, wobei hier auch Filmaufnahmen und Uniprüfungen berücksichtigt sind. Vor allem besucherstarke Messen der ersten zwei Monate, wie die oohh! Die FreizeitWelten der Hamburg Messe und die Hamburger Motorrad Tage mit jeweils mehr als 75.000 Besuchern, sorgten dafür, dass die HMC im zurückliegenden Geschäftsjahr 306.413 Besucher begrüßen konnte. Darunter auch 26.300 Studierende, die in den Messehallen ihre Klausuren mit dem nötigen Abstand schreiben konnten.
Einen Hoffnungsschimmer auf Normalisierung gab es Anfang September, als in Hamburg mit der Ordermesse Nordstil eine der wenigen deutschen Präsenzmessen der zweiten Jahreshälfte durchgeführt wurde. Kurz darauf entschied die HMC, die bereits auf Anfang Dezember verlegte WindEnergy Hamburg ausschließlich digital durchzuführen. „Die gemachten Erfahrungen“, so Aufderheide, „bestätigen uns in der Auffassung, dass digitale Formate in Zukunft eine noch größere Bedeutung als Ergänzung der physischen Messen haben werden, diese aber nicht ersetzen können.“
Als Reaktion auf die pandemiebedingten Einschränkungen befindet sich ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Mai 2020 in Kurzarbeit. Eine Verlängerung bis zum Ende der Sommerferien 2021 ist bereits erfolgt. Anschließend ist eine Reihe größerer Veranstaltungen geplant – darunter die Premiere des Festivals Photopia Hamburg, zu dem neben Fachleuten auch Hobbyfotografinnen und Hobbyfotografen eingeladen sind, die Stadt als Kulisse für Fotos und Videos neu zu entdecken. „Wir haben ein tolles Konzept entwickelt und hoffen natürlich sehr, dass wir die Veranstaltung 2021 auch durchführen können“, sagt Bernd Aufderheide.
Eine Umsatzprognose für das laufende Jahr ist derzeit nicht möglich. „Das wäre Kaffeesatzleserei“, so Aufderheide. Er rechnet ab 2023 mit einer gewissen Normalität. „Doch diese Normalität wird anders sein als vor der Coronapandemie: Denn das Messe- und Kongressgeschäft befindet sich in einem in einem tiefgreifenden Wandel.“ Corona hat besonders die Digitalisierung enorm beschleunigt. Veranstaltungsformate der Zukunft werden hybrider, vielseitiger und interaktiver. „Davon profitieren attraktive Städte wie Hamburg mit Messehallen und einem Kongresszentrum mitten in der City“, ist sich Bernd Aufderheide sicher. „Wir nutzen jetzt die Zeit, um uns vor allem digital noch besser aufzustellen und freuen uns auf den Moment, an dem wir wieder richtig durchstarten können.“