Atelier Brückner: 4,5 Milliarden Jahre Naturgeschichte neu präsentiert
von Redaktion,
Atelier Brückner hat die Neukonzeption der Ausstellungsgestaltung für das Natural History Museum (Naturhistorisk Museum) übernommen und ist für die schlüsselfertige Erstellung als Generalübernehmer verantwortlich. Das Museum wurde am 6. Mai 2022 in Oslo nach mehrjähriger Renovierung eröffnet.
Das Gebäude befindet sich im Botanischen Garten, im Zentrum der norwegischen Hauptstadt – es ist eines von zwei baugleichen, symmetrisch angelegten Bauwerken und steht unter Denkmalschutz. Aufbauend auf den Vorgaben des Denkmalschutzes, integriert sich die Ausstellung in den Bestand. Die historische Raumaufteilung blieb ebenso erhalten wie historische Einbauten, Vitrinen und Bodenbeläge. Charakteristisch für das im Jahr 1920 eröffnete Museumsgebäude sind hohe Fenster, die den visuellen Bezug zum Außenraum, den umgebenden Botanischen Garten, herstellen. Tageslicht durchflutet die Ausstellungsräume.
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Auf mehr als 2300 m² Ausstellungsfläche stehen viereinhalb Milliarden Jahre Erdgeschichte. Über 2500 Objekte aus den Universitätssammlungen sind zu sehen; neben bekannten Objekten auch neue Exponate, darunter ein vollständiger Plesiosaurier aus Spitzbergen (Svalbard) und ein neu präpariertes, voll bewegliches Höhlenbärenskelett.
Der Ausstellungrundgang erstreckt sich über drei Stockwerke mit sechs thematisch inszenierten Galerieräumen. Sie werden ergänzt um eine autarke Inszenierung im Untergeschoss des Gebäudes. Ein Leitsystem und durchgängige Texthierarchien sollen der Besucherorientierung dienen. Skelette und Repliken sind in den Blickachsen positioniert. Kinder und Expert:innen können an insgesamt 100 Stationen dem „Family Path“ oder dem „Expert Path“ mit zielgruppengerecht aufbereiteten Informationen folgen.
Im Erdgeschoss wird das Thema „Evolution of Life“ in zwei Galerien gezeigt. Die parallele Entwicklung des Planeten Erde und des Lebens auf ihm sind das Thema. Zentrale Highlight-Exponate der ersten Galerie sind ein Tyrannosaurus-Rex-Skelett und ein originaler Triceratops Schädel. Die umgebenden Inseln stellen anhand von Fossilien, digitalen Aquarien und rekonstruierten Modellen Lebensformen vor, die den Sauriern zeitlich vorausgegangen sind. Begleitende Hands-On-Stationen machen sie haptisch erfahrbar.
Zentrale Erzählachse im zweiten Galerieraum ist die Entwicklung der Säugetiere, beginnend vor 47 Millionen Jahren. In sie eingebunden ist Ida, das vollständigste jemals gefundene Primatenfossil. Es zähle nach Eigenaussage zu den eindrucksvollsten Objekten des Museums. Parallele Erzählstränge widmen sich der Evolution der Tiere an Land und in den Ozeanen. Ein 14 Meter langes Skelett eines Pottwals dominiert diesen letzten Themenbereich. Die Exponate der Evolutionsgalerien sind durch räumlich-grafische Elemente kontextualisiert. Lebensräume werden vorgestellt und die zeitliche Einordnung angezeigt.
Das erste Obergeschoss des Gebäudes stellt in der Galerie „Minerals and Rocks“ die Welt der Mineralien, funkelnden Kristalle und Steine vor. An den Längsseiten bilden die historischen, denkmalgeschützten Vitrinen insgesamt zehn Themen-Buchten aus, in denen unter anderem die Geschichte des Museums und historische Expeditionen der Universität vorgestellt werden. Acht mittig im Raum verlaufende „Tables of Systematics“ ergänzen das Raumbild.
Die angrenzende Galerie „History of an Ocean“ nimmt die geologische Geschichte von Nordsee bis Barentssee und damit die Entstehung Norwegens in den Blick. Der „Drill Core Table“, ein neun Meter langer Tisch, ist das zentrale Element des Raumes. Er zeigt 178 Bohrkernscheiben mit Fossilien. Mithilfe einer über den Tisch verfahrbaren, interaktiven Medienstation können die Besucher:innen mehr über die Lebensformen und -arten der ehemaligen Lebewesen lernen. Dioramen in Kugelvitrinen und ein rekonstruierter Plateosaurus veranschaulichen Zusammenhänge und entsprechende Lebensräume. Weitere Attraktion des Raumes sind das „Gammla-Objekt“ (Ichthyosaurus) und „Britney“, ein Plesiosaurus, ausgestellt in acht Meter langen Boden-Vitrinen.
Den Luftraum über dem „Drill Core Table“ prägt eine Deckeninstallation, die einen Ausschnitt des Asteroidengürtels vorstellt. Die Galerie „Stories from Space“ im zweiten Obergeschoss widmet sich unserem Sonnensystem, veranschaulicht seine Größe und zeigt, wie die Erde entstanden ist. Zudem geht es um die Historie der Meteoriten und Meteoritenfunde in Norwegen.
In der Galerie „Dynamic Earth“, im zweiten Obergeschoss, erfahren die Besucher:innen schließlich mehr über unseren sich ständig verändernden Planeten. Zehn Globen in verschiedenen Farben und Texturen füllen die Lufträume der darunter liegenden Galeriebuchten. Jeder Globus steht für einen Prozess; einer davon sind die Meeresströmungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf unser Klima. In der Mitte des Raumes finden sich ergänzende Informationen auf den „Tables of Evidence“. Sie präsentieren Phänomene, über welche Wissenschaftler:innen zum Verständnis der Prozesse gelangten. Augmented Reality Ferngläser machen die Prozesse und Phänomene auf den Globen visuell erfahrbar.
Nach dem Rundgang durch die drei Hauptgeschosse schließt sich im Untergeschoss des Gebäudes die inszenierte „Crystal Cave“ an. Der Besuchende betritt die raumgreifende Installation über einen dunkel gehaltenen Eingangstunnel. Im ersten Bereich, der „Real Cave“ geht er auf einem schwarzen Gitterroststeg durch eine glitzernde Kristallhöhle, die aus Kristallen des norwegischen Kalkbergwerkes von Brevik nachgebaut wurde – ein immersives Erlebnis. Im angrenzenden Raum, der „Artificial Cave“, entlehnen sich die Vitrinen den prismatischen Formen ihrer Objekte. Höhepunkt der Raumfolge ist die „Glowing Cave“, der die magische Farb- und Formpracht der ausgestellten Steine mithilfe von UV-Licht in Szene setzt.